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Russland - Praxis des Obersten Gerichts

Sergej Suchanow


Übersicht zur Rechtsprechungspraxis des Kollegiums für wirtschaftliche Streitigkeiten des Obersten Gerichts der Russischen Föderation im April


Das Kollegium hat klargestellt, wann die Möglichkeit gegeben ist, erbrachte Rechtsdienstleistungen nicht zu bezahlen. Darüber hinaus hat das Kollegium das Verfahren zur Erlangung des Rechts an einem Anteil am Stammkapital einer OOO durch Dritte erläutert sowie der beklagten Partei das Recht eingeräumt, den Übergang von der Vor- zur Hauptverhandlung zu rügen.


Die Kosten einer rechtlichen Vertretung können als Verfahrenskosten erstattet werden, auch wenn diese vom Generaldirektor und nicht von der Gesellschaft gezahlt worden sind.


Sachverhalt:

Ein Generaldirektor hat das Honorar des Rechtsanwalts für an das Unternehmen erbrachte juristische Dienstleistungen in bar bezahlt.

Der Rechtsanwalt hat eine Quittung ausgestellt und das Honorar auf das Bankkonto der Anwaltskanzlei eingezahlt.

Das Unternehmen hat in einem Gerichtsverfahren gefordert, diese Kosten von der unterlegenen Partei als Verfahrenskosten erstatten zu lassen.

Entscheidungen der Gerichte der Vorinstanzen:

Das erstinstanzliche Gericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Die Berufungsinstanz hat die Forderung vollständig zurückgewiesen. Tenor: Die Quittung reicht nicht aus, um die Kosten nachzuweisen.


Entscheidung des Obersten Gerichtshofs:

In der Regel werden die Kosten durch einen Vertrag, einen Akt der erbrachten Dienstleistungen und ein Dokument, das die Geldüberweisung belegt, nachgewiesen.


Das Unternehmen kann die vom Rechtsvertreter erbrachten Dienstleistungen über den Generaldirektor bezahlen (nicht zwingend per Banküberweisung). In diesem Fall hat der Generaldirektor dem Unternehmen faktisch ein Darlehen gewährt.

Das Unternehmen kann die entstandenen Kosten von der unterlegenen Partei zurückfordern, auch wenn die Darlehensvergabe nicht dokumentiert wurde.



Der Mandant muss für erbrachten juristischen Dienstleistungen nicht immer zahlen, wenn diese sich als erfolglos erwiesen haben



Sachverhalt:

Eine Beratungsgesellschaft hat einem Unternehmen beim Abschluss eines Mietvertrags für ein Gebäude geholfen.


Aufgrund von Fehlern in den Unterlagen hat der Föderale Dienst für staatliche Registrierung, Kataster und Kartographie die Registrierung des Vertrags verweigert. Die Beratungsgesellschaft hat jedoch die vollständige Bezahlung der erbrachten Dienstleistungen verlangt.


Das Unternehmen erhob Gegenklage auf ungerechtfertigter Bereicherung, weil kein Mietvertrag zustande gekommen war.


Entscheidungen der Gerichte der Vorinstanzen:

Die Gerichte haben der ursprünglichen Klage stattgegeben und die Gegenklage abgewiesen.

Der Vertrag enthält keine Bestimmung, gemäß der die Zahlung vom Ergebnis der erbrachten Leistungen abhängt.


Entscheidung des Obersten Gerichtshofs:

Bei juristischen Dienstleistungen geht es im Kern darum, ein Ergebnis zu erzielen.

Der Auftragnehmer hat nachzuweisen, dass er sich nach besten Kräften bemüht hat, dies zu erreichen.

Das Fehlen eines Ergebnisses kann auf Nachlässigkeit des Auftragnehmers oder auf Gründe zurückzuführen sein, die außerhalb seines vernünftigen, professionellen und gutgläubigen Handelns liegen.

Die Gerichte haben daher den Umfang der erbrachten Dienstleistungen und die Gründe für das Nichterreichen der Ergebnisse zu ermitteln.



Eine Zahlungsverweigerung im Rahmen einer Bürgschaft kann auch dann für rechtswidrig erklärt werden, wenn der Bank nicht alle Unterlagen übergeben wurden


Sachverhalt:

Die Bank hat die Zahlung aus einer Bürgschaft an den Begünstigten abgelehnt, weil dieser keine Saldenabstimmung mit dem Schuldner vorgelegt hat.



Entscheidungen der Gerichte der Vorinstanzen:

Die Verweigerung war gerechtfertigt.


Entscheidung des Obersten Gerichtshofs:

Eine Bürgschaft ermöglicht es, Sicherheit so schnell wie möglich Befriedigung zu erhalten, ohne den Einspruch des Schuldners befürchten zu müssen.

Die Bank kann die Zahlung nicht verweigern, wenn die der Anforderung beigefügten Dokumente mit den Bestimmungen der Bürgschaft übereinstimmen.

Ein Dokument, dem keine zusätzliche Beweiskraft zukommt, muss nicht vorgelegt werden, auch wenn es in der vereinbarten Liste der Zahlungsdokumente enthalten ist.

Im Falle eines Konflikts zwischen dem Schuldner und dem Begünstigten muss Letzterer keine von Ersterem unterzeichnete Saldenabstimmung vorlegen.



Das Verbot zum Verkauf eines Anteils am Stammkapital einer OOO an Dritte ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter verletzt nicht die Rechte des Verkäufers


Sachverhalt:

Die Gesellschafter haben in der Satzung festgelegt, dass die Anteile nur mit ihrer Zustimmung veräußert werden dürfen. Einer der Gesellschafter beschloss, einen Teil seines Anteils an einen Dritten zu verkaufen; die übrigen Gesellschafter waren dagegen. Sie waren der Ansicht, dass der Verkäufer die Zahl der Gesellschafter erhöhen wollte, um die Kontrolle über die Gesellschaft zu erlangen. In der Gesellschafterversammlung der betreffenden Gesellschaft hat nämlich jeder Gesellschafter eine Stimme, unabhängig von der Höhe seines Anteils.

Sie verlangten, das Rechtsgeschäft über den Verkauf des Anteils für ungültig zu erklären.


Entscheidungen der Gerichte der Vorinstanzen:

Die Gerichte haben die Klage abgewiesen.


Eine Situation ist inakzeptabel, wenn es unmöglich ist, einen Anteil an andere Gesellschafter oder Dritte zu verkaufen. Die einzige Lösung für den Verkäufer ist danach der Austritt aus der Gesellschaft. Dies widerspricht seinen Interessen. Ein unbefristetes Verkaufsverbot beraubt den Gesellschafter seiner Möglichkeit, seine Investition zurückzuerhalten.


Entscheidung des Obersten Gerichtshofs:

Die Gesellschafter können den Verkauf von Geschäftsanteilen beschränken, um eine Einmischung in die Angelegenheiten der Gesellschaft zu verhindern. Einem unbefristeten Verbot oder der Erfordernis der Zustimmung zur Veräußerung eines Geschäftsanteils steht das Recht zum Austritt aus der Gesellschaft gegenüber. In jedem Fall könnte der Verkäufer den Anteil an die Gesellschaft verkaufen, ohne dass dies der Zustimmung der übrigen Gesellschafter bedarf. Die Satzung der Gesellschaft beschränkte den Preis im Rahmen einer solchen Transaktion nicht.



Die Ehegattin eines verstorbenen OOO-Gesellschafters kann keine Gesellschaftsrechte erwerben, wenn die Übertragung des Anteils am Stammkapital auf einen Dritten beschränkt ist



Sachverhalt:

Die Ehegattin eines verstorbenen OOO-Gesellschafters hat Anspruch auf einen Teil des Anteils am Stammkapital aus der Erbmasse angemeldet. Später hat sie den Anteil an einen Dritten veräußert. Die übrigen Gesellschafter haben das Rechtsgeschäft angefochten.


Entscheidungen der Gerichte der Vorinstanzen:

Die Gerichte haben die Klage abgewiesen.

Gemäß der Satzung sei die Zustimmung der Gesellschafter nur dann erforderlich, wenn der Anteil auf die Erben natürlicher Personen oder die Rechtsnachfolger juristischer Personen übertragen werde. Der Anspruch auf den streitigen Anteil stehe der Ehegattin des Gesellschafters von Gesetzes wegen zu und sei nicht erst nach dem Tod des Gesellschafters im Wege der Erbfolge entstanden.


Entscheidung des Obersten Gerichtshofs:

Die Ehegattin ist nicht berechtigt, den Anteil an der Gesellschaft zu erlangen, auch wenn der Anteil während der Ehe erworben wurde.

Verbietet die Satzung die Beteiligung Dritter, hat der Ehegatte Anspruch auf den tatsächlichen Wert des Geschäftsanteils.

Das Gleiche gilt, wenn die Zustimmung der anderen Gesellschafter für einen Eintritt in die Gesellschaft eingeholt werden muss.

Die rechtliche Würdigung der Gerichte der Vorinstanzen, dass eine solche Einwilligung im vorliegenden Fall nicht erforderlich sei, ist falsch.



Das Gericht kann nicht sofort von der Vor- zur Hauptverhandlung übergehen, wenn eine Partei Widerspruch einlegt

Sachverhalt:

Vor der Vorverhandlung stellte der Beklagte einen Antrag, in dem er erklärte, dass er nicht anwesend sein könne und darum bat, den Fall nicht ohne ihn zu verhandeln.

Nach der Vorverhandlung ging das Gericht direkt zur Hauptverhandlung über und erließ das Urteil.


Entscheidungen der Gerichte der Vorinstanzen:

Das erstinstanzliche Gericht wies darauf hin, dass der Beklagte die Triftigkeit des Grundes seines Nichterscheinens nicht nachgewiesen habe. Es sei genügend Zeit gewesen, sich mit den Unterlagen vertraut zu machen und eine Rechtsposition vorzubereiten.

Das Berufungsgericht hat diese Urteil aufrechterhalten.


Entscheidung des Obersten Gerichtshofs:

Widerspricht eine der Parteien der Fortsetzung der Verhandlung, muss das Gericht einen anderen Termin für die Hauptverhandlung festsetzen.

Der Antrag des Angeklagten stellt faktisch einen solchen Widerspruch dar.


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