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Russland - Covid19 Unterstützungsmaßnahmen

Patrick Pohlit


Bei den Maßnahmepaketen wird zunächst differenziert zwischen Maßnahmen für die Allgemeinheit der Unternehmen einerseits und kleinen u. mittelständischen Unternehmen (KMU) in besonders betroffenen Branchen sowie den sogenannten systemrelevanten (einschl. strategisch, regional relevanten) Unternehmen andererseits.


1. Allgemeine Maßnahmen


Für die Allgemeinheit der Unternehmen wurden vornehmlich steuerliche sowie finanzbuchhalterische Erleichterungen in Form von Fristverlängerungen für die Einreichung von Steuererklärungen, Berichten und Quartalsabschlüssen geschaffen. Steuer- oder Abgabensenkungen wurden mit Ausnahme der KMU, bei denen für Sozialabgaben bis zum 31.12.2020 ein reduzierter Abgabensatz von 15% gilt, nicht eingeführt. So wurden die Fristen für die Umsatzsteuererklärung sowie Sozialabgabenberechnung für das 1. Quartal 2020 bis zum 15.5.2020 verlängert, für weitere im Zeitraum März bis Mai 2020 fällige steuerliche Deklarationen sowie Berichte (z.B. Gewinnsteuer, Einkommensteuer) wurde ein Fristaufschub von 3 Monaten gewährt. Eine entsprechende Übersicht können Sie der hier hinterlegten Tabelle entnehmen.


Zu erwähnen ist außerdem, dass trotz der verlängerten Abgabefristen mit den unten dargestellten Ausnahmen allgemein kein Zahlungsaufschub für die Steuer- und Abgabenentrichtung eingeführt wurde. Geändert wurde lediglich die Berechnung der Vorauszahlungen für die Gewinnsteuer, wonach nunmehr bis Ende 2020 auch eine monatliche Vorauszahlung auf Grundlage des tatsächlichen erzielten Gewinns und nicht mehr basierend auf dem Gewinn des Vorquartals möglich ist. Zum anderen werden bis einschließlich 30. Juni 2020 keine neuen sog. kameralen Betriebsprüfungen sowie Außenprüfungen eingeleitet. Bereits laufende Betriebsprüfungen, bestimmte Prüfungshandlungen im Zusammenhang mit verbundenen Unternehmen sowie die Devisenkontrolle wurden ebenfalls temporär bis zum 30.06.2020 ausgesetzt. Eine Ausnahme hiervon bilden Tatbestände die zu verjähren drohen. Ergänzend wäre auszuführen, dass die Frist für die jährliche Verrechnungspreismeldungen am 20.5. nicht verlängert wurde.

Darüber hinaus wurden steuerliche Einspruchs-, Informations- und Dokumentenbeibringungsfristen im Zeitraum vom 1. März bis zum 30. Juni 2020 gehemmt sowie entsprechend verlängert. So gilt neben der allgemeinen Fristenhemmung für die vom Präsidenten ausgerufene sog. arbeitsfreie Zeit (bis einschl. 08.05.2020) auch eine Verlängerung der Rücklauf-Fristen teilweise um 20 Tage (Ausnahme bei Umsatzsteuer und Sozialabgaben um 10 Tage). Des Weiteren wurde die Beitreibung von Steuern und Abgaben in Form von (automatischen) Kontosperrungen und die Zwangsvollstreckung bis zum 30.06.2020 ausgesetzt. Letztlich wäre zu erwähnen, dass Unternehmen Aufwendungen für die Desinfektion von Räumlichkeiten und die Anschaffung von Schutz- sowie Betriebsmitteln, die im Zusammenhang mit sanitären, epidemiologischen und hygienischen Vorschriften staatlicher Behörden stehen, nunmehr ausdrücklich gewinnsteuerlich als Betriebsausgaben geltend machen können.


2. KMU in besonders betroffene Branchen


Der Schwerpunkt der Maßnahmen betrifft vornehmlich russische KMU, sofern diese zum 01.03.2020 im sog. KMU-Register eingetragen waren und ihre Tätigkeit in die Liste der besonders schwer von der Corona-Krise betroffenen Branchen aufgenommen wurde. Entscheidend ist hierbei der sog. OKVED (Code der Haupttätigkeitsart). Auf der Seite des Föderalen Steuerdienstes (FNS) steht eine Abfrage zur Verfügung, mit der geprüft werden kann, ob ein Unternehmen zu diesem Kreis gehört. Hierzu zählen unter anderem der Kultur- und Bildungssektor, teilweise die Güter- und Personenbeförderung, das Ausstellungs-, Konferenz- und Messewesen sowie handwerkliche, haushaltsnahe Dienstleistungen und bestimmte Medien. Für diese Unternehmen wurden, mit Ausnahme der Umsatzsteuer und Sozialabgaben, auf Antrag Möglichkeiten für einen Zahlungsaufschub und Ratenzahlung in Bezug auf Steuern, Steuervorauszahlungen sowie Versicherungsprämien von 3 bis zu 6 Monaten zinslos und ohne Sicherheitsleistung geschaffen. In steuerlicher Hinsicht existiert nach Ankündigung des Präsidenten für diese KMU ein verabschiedeter aber noch nicht unterzeichneter Gesetzentwurf, der für das 2. Quartal 2020 teilweise eine Steuer- und Abgabenbefreiung sowie Befreiung von Vorauszahlungen bei der Gewinnsteuer, der Vermögens- sowie Transportsteuer, Akzisen u.a. vorsieht.


Darüber hinaus gilt für diese Unternehmen ein sogenanntes Insolvenz-Moratorium bis einschließlich 03.10.2020, womit das Insolvenzantragsverfahren für neue Fälle ausgesetzt wurde. Als praktische Konsequenz des Moratoriums sieht das Gesetz insbesondere auch ein Verbot der Verhängung von Strafen, Verzugszinsen und Bußgeldern bei Zahlungsverzug des Schuldners vor. Der Vollständigkeit halber wäre zu erwähnen, dass dieses Moratorium für alle Unternehmen aus besonders betroffenen Branchen gilt, also auch explizit für Unternehmen, welche die gesetzlichen Voraussetzungen eines KMU nicht erfüllen.

Weiterhin können die betroffenen KMU Zuschüsse aus dem föderalen Budget beantragen, um jedenfalls teilweise Personalaufwendungen auszugleichen, die zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung im April und Mai 2020 angefallen sind. Voraussetzung hierfür ist, dass der Empfänger zum 1. März 2020 keine Rückstände bei Steuern und Sozialabgaben hat und, dass die Mitarbeiterzahl mindestens 90 Prozent der Belegschaft im März 2020 entspricht. Darüber hinaus besteht unter ähnlichen Voraussetzungen die Möglichkeit ein zinsloses Darlehen zur Zahlung von Gehältern an Mitarbeiter zu beantragen, sofern das Unternehmen seit mindestens einem Jahr in einer oder mehreren betroffenen Branchen tätig ist. Bedingung hierfür ist jedoch u.a., dass sich der Darlehensnehmer nicht im Insolvenzverfahren befindet und seine Tätigkeit aktiv fortführt. Des Weiteren können betroffene KMU für Darlehen, die bis zum 3. April 2020 für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten aufgenommen wurden, eine Aussetzung der Tilgung- und Zinszahlung beantragen.


Letztlich wäre für KMU aus betroffenen Branchen auf einen gesetzlich verordneten Zahlungsaufschub sowie ein Sonderkündigungsrecht bei Mietverhältnissen hinzuweisen. Voraussetzung hierfür ist, dass das Mietverhältnis bereits vor der Einführung des „erhöhten Bereitschaftszustands“ (Ausgangssperren und arbeitsfreie Tage) bestand. Der zinslose Zahlungsaufschub kann während des Bereitschaftszustands bis zu 100% der Mietzahlung und danach bis zum 01.10.2020 bis 50% der in diesen Zeitraum geschuldeten Miete betragen. Gleichzeitig haben die benannten KMU, das Recht, Mietverträge vor dem 1. Oktober 2020 vorzeitig zu kündigen, wenn der Vermieter einer beantragten Mietminderung nicht zustimmt. Letztlich können die betroffenen Unternehmen die Kaufpreistilgung für erworbenes staatliches oder kommunales Vermögen für einen Zeitraum von sechs Monaten bis zu einem Jahr aussetzen.

Ergänzend wäre auszuführen, dass kürzlich ein Gesetz verabschiedet wurde, wonach diejenigen Unternehmen, die es versäumt haben, sich bis zum 01.08.2019 in das KMU-Register eintragen zu lassen und zu den betroffenen Branchen zählen, ebenfalls in den Vorzug dieser Maßnahmen kommen können, sofern Sie die entsprechenden Voraussetzungen bis zum 30.06.2020 für das Jahr 2018 nachweisen. Zu beachten wäre in diesem Zusammenhang darüber hinaus, dass Unternehmen mit ausländischer Beteiligung von mehr als 49% bis spätestens 05.07.2020 mittels der Bescheinigung eines russischen Wirtschaftsprüfers das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen für die Eintragung (max. 250 Mitarbeiter und weniger als 2 Mrd. RUB Umsatz bei russischer Gesellschaft und ausländischem Anteilseigner) für das Jahr 2019 nachweisen müssen.

3. Systemrelevante Unternehmen


Weitere Erleichterungen wurden für die sog. systemrelevanten Unternehmen geschaffen, die sofern sie nicht zu den besonders betroffenen Branchen gehören, entsprechende Steuerstundungen und Ratenzahlungen teilweise auf mehrere Jahre beantragen können. Derzeit stehen mehr als 1.000 Unternehmen auf diesen Listen, wobei auch einige „deutschstämmige“ Unternehmen dazu zählen. Momentan zeichnen unterschiedliche Ministerien, je nach Branche, für die Aufnahme in die jeweilige Liste verantwortlich. Die teilweise zinslosen und unbesicherten Stundungen und Ratenzahlungen können je nach Voraussetzungen für zwischen 3 Monaten und 1 Jahr, besichert für bis zu 5 Jahre beantragt werden. Hierbei müssen sich u.a. die Einnahmen des Unternehmens um mindestens 10% verringert haben. Ausgenommen von den Stundungen sind u.a. Umsatzsteuer und Akzisen. Zu erwähnen wäre letztlich, dass das oben erwähnte Insolvenzmoratorium auch für diese Unternehmen gilt.

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