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Kasachstan - Verlagerung von Unternehmen aus dem Ausland

Nikolai Knorr



Die derzeitigen geopolitischen Turbulenzen führen zu gravierenden Veränderungen in der Geschäftswelt. Vor dem Hintergrund politischer und wirtschaftlicher Herausforderungen erwägen viele Unternehmen, ihre Geschäftstätigkeit von einem Land in ein anderes zu verlagern.

In den letzten Monaten war Kasachstan besonders populär als Ziel der Verlagerung einer Unternehmenstätigkeit aus Russland und Belarus. Immer mehr international agierende Firmen zeigen Interesse an diesem Verlagerungsprozess.

Bei der Verlagerung handelt es sich um den physischen „Umzug“ des Geschäfts aus ganz unterschiedlichen Gründen. Diese reichen von der Verbesserung der Logistik, einfacherem Zugang zu Vorprodukten bis hin zur Unmöglichkeit, am bisherigen Standort weiterarbeiten zu können..

Der Gesamtprozess einer Verlagerung umfasst die Registrierung einer juristischen Person oder die Eröffnung einer Filiale, die Eröffnung eines Bankkontos, den Umzug der Eigentümer und Mitarbeiter sowie ggf. auch der gesamten Produktion.

Die Geschäftsverlagerung ist damit heute auch eine Antwort auf Wirtschaftssanktionen, die der Grund dafür sind, dass Unternehmen ihr Geschäft nicht in vollem Umfang ausüben können, weil Dienstleistungen blockiert, Transaktionen erschwert und die Logistik verkompliziert wurden.

Kasachstan arbeitet bereits seit langem an der Schaffung von vorteilhaften Bedingungen für die Entwicklung der Wirtschaft auf dem eigenen Territorium und lockt ausländische Firmen mit einem vereinfachten Verfahren zur Registrierung von juristischen Personen. Laut dem internationalen Doing Business Rating von 2021 belegt das Land den 21. Platz von 190, was die Unkompliziertheit der Führung des Geschäfts betrifft.

Eine Verlagerung ist kein einfacher Prozess. Damit ein ausländischer Unternehmer erfolgreich sein und alle Vorteile der Erschließung des kasachischen Markts nutzen kann, sollte dieser Prozess in Etappen aufgeteilt und diese schrittweise umgesetzt werden.


Fünf wesentliche Etappen einer Geschäftsverlagerung


1. Etappe - Registrierung einer juristischen Person

Wie unsere langjährige Erfahrung zeigt, ist unter ausländischen Investoren die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (TOO) die populärste Form für eine wirtschaftliche Tätigkeit.

Eine TOO in Kasachstan kann von kasachischen Staatsangehörigen, Ausländern mit Niederlassungserlaubnis, Ausländern ohne Niederlassungserlaubnis, dafür aber mit einem Visum vom Typ „Business Immigrant“ sowie von ausländischen juristischen Personen gegründet werden.

Falls als Gründer ausländische natürliche Personen auftreten, muss noch vor der Registrierung der TOO jeder Gründer eine individuelle Identifizierungsnummer (IIN) beantragen und außerdem ein Visum des Typs „Business-Immigrant“ der Kategorie S5 erhalten. Für Bürger von EAWU-Mitgliedsstaaten ist ein solches Visum nicht erforderlich.

Für die Registrierung einer TOO ist folgendes festzulegen bzw. zu erstellen:


1) Festlegung des Firmennamens, der nicht mit der Bezeichnung von bereits registrierten Unternehmen übereinstimmen darf;

2) Festlegung der juristischen Adresse (eine TOO kann unter der Wohnanschrift eines Gesellschafters registriert werden, außerdem können Gewerberäumlichkeiten angemietet oder erworben werden);

3) Auswahl der Tätigkeitsarten aus dem „Allgemeinen Klassifikator der Arten der Wirtschaftstätigkeit“ (OKED) und Festlegung der Kategorie der Geschäftsgröße (kleines, mittleres oder großes Unternehmen);

4) Bestimmung der Höhe des Stammkapitals in Abhängigkeit vom Umfang der Geschäftstätigkeit und der Besteuerungsform;

5) Festlegung einer Person, dia als Exekutivorgan der Gesellschaft handeln soll, Abstimmung der Bedingungen des Arbeitsvertrages;

6) Erstellung und Unterzeichnung der Dokumente für die Gründung der TOO (Beschluss über die Gründung, Satzung, Gründungsvertrag bei zwei oder mehr Gründern), sowie Bestellung des Exekutivorgans (Arbeitsvertrag, Bestellungsanordnung);

7) Registrierung der TOO beim Dienstleistungszentrum für die Bevölkerung oder über das elektronische Regierungsportal Egov.kz.


2. Etappe - Eröffnung der Bankkonten und Zugangs zu verlässlichen Bankdienstleistungen

In Kasachstan sind aktuell 22 Banken aktiv. Zur Eröffnung der Bankkonten ist, in Abhängigkeit von den internen Regeln des ausgewählten Kreditinstituts, entweder der persönliche Besuch einer Filiale erforderlich oder dies kann durch Vertreter auf Basis einer Vollmacht vorgenommen werden. In beiden Fällen muss jeweils der vollständige erforderliche Unterlagensatz eingereicht werden.

Wir empfehlen, schon in der Etappe der Registrierung des Unternehmens die Bank festzulegen, bei der die Konten eröffnet werden sollen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass in den letzten Monaten einige Banken im Zusammenhang mit Reputationsrisiken die Zusammenarbeit mit Unternehmen verweigern, deren Gesellschafter juristische oder natürliche Personen aus Russland oder Belarus sind.


3. Etappe - Steuerplanung

Ab dem Zeitpunkt der Registrierung in Kasachstan wird das jeweilige Unternehmen zum Steuerzahler, was die Einreichung monatlicher, vierteljährlicher, halbjährlicher und jährlicher Berichte bei den Steuerbehörden nach sich zieht.


Die Besteuerungsform hängt von Umsatz, Gewinn und Branche des Unternehmens ab.


In Kasachstan sind zwei Besteuerungsformen vorgesehen - die allgemeine Form und die Spezialformen.


Die allgemeine Besteuerungsform umfasst:

  • Körperschaftsteuer (für juristische Personen): 20 Prozent auf den Unterschiedsbetrag zwischen steuerpflichtigen Einkünften und Betriebsausgaben oder individuelle Einkommensteuer (für Einzelunternehmer) in Höhe von 10 Prozent;

  • Umsatzsteuer in Höhe von 12 Prozent (wenn ein Mindestumsatz überschritten wird);

  • Sozialabgaben und Beiträge


Die Spezialbesteuerungsformen gelten für bestimmte Tätigkeitsarten, es sind folgende Arten möglich:


  • Auf Grundlage einer vereinfachten Erklärung: Steuer in Höhe von 3 Prozent des festgestellten Gewinns sowie Sozialabgaben und Beiträge;

  • Auf Grundlage eines so genannten Patents: für den Handel beträgt der Steuersatz 2 Prozent, für andere Bereiche sowie beim bargeldlosen Handel 1 Prozent;

  • Auf Grundlage eines fixierten Abzugs: wird wie die allgemeine Besteuerung berechnet, jedoch besteht die Besonderheit darin, dass ein zusätzlicher fixierter Abzug geltend gemacht werden kann;

  • Auf Grundlage der speziellen mobilen App e-Salyq Business. Dies ist eine neue Form, die seit dem 1. Januar 2022 für Einzelunternehmer ohne Mitarbeiter gilt.


4. Etappe - Umzug und Anmeldung des Personals

Im Rahmen der Verlagerung muss ein ausländischer Unternehmer auch eine Entscheidung in Bezug auf die vorhandenen Mitarbeiter treffen. Falls beschlossen wird, auch das Personal zu verlagern und die Zustimmung der Mitarbeiter zum Umzug einzuholen, muss der Unternehmer eine Vielzahl von Organisations- und Alltagsfragen regeln. Besondere Aufmerksamkeit muss Fragen der Migrations- und Arbeitsgesetzgebung gewidmet werden, da in bestimmten Fällen Quoten für die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte, Arbeitsgenehmigungen und Arbeitsvisa erforderlich sind.

5. Etappe - Start des Geschäfts

Die Verlagerung des Geschäfts nach Kasachstan erfordert die Einrichtung der Produktion oder des Handels oder die Erbringung von Dienstleistungen an einem neuen Ort. Unternehmer müssen sich dabei bewusst sein, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit viele technologische, organisatorische und verwaltungsbezogene Prozesse grundlegend neu aufgebaut werden müssen, und zwar unter Berücksichtigung der Besonderheiten des kasachischen Geschäftsumfeldes.


Die Verlagerung des Geschäfts und der Produktion, sowie die erforderlichen Änderungen in der Geschäftsstruktur stellen große Herausforderungen für jedes Unternehmen dar und erfordern eine systematische und professionelle Herangehensweise. Dabei sind genaue Vorstellungen von den gewünschten Zielen und Methoden sowie von den finanziellen und juristischen Aspekten zu erarbeiten. Auch bei guter Kenntnis der Besonderheiten der kasachischen Geschäftsumwelt, treten bei einer Geschäftsverlagerung unweigerlich juristische, technische, sprachliche und alltagsbezogene Fragen auf, die professionell beantwortet werden müssen.


Wir empfehlen, die Lösung dieser Fragen Fachleuten anzuvertrauen, die Erfahrung mit erfolgreichen Geschäftsverlagerungen haben. Auf diese Weise können ausländische Investoren den finanziellen und zeitlichen Aufwand minimieren und die Chancen für ihren Geschäftserfolg erhöhen.



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