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Russland - Zwangsverwaltung und WTO-Austritt

Patrick Pohlit


Die russische Regierung hat einen Gesetzentwurf für die Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung von ausländischen Unternehmen vorgelegt, die sich entschlossen haben, den russischen Markt zu verlassen oder ihre Tätigkeit hier einzustellen. Ferner werden Stimmen laut, die den Austritt Russlands aus der WTO fordern.


Zwangsverwaltung ausländischer Unternehmen in der Russischen Föderation


Nach dem die russische Regierung zunächst vorgeschlagen hatte, Unternehmen, die sich vom russischen Markt zurückziehen oder ihre Tätigkeit in Russland einstellen wollen, zu verstaatlichen, wurden mittlerweile vermeintlich mildere Töne angeschlagen, da mit zahlreichen internationalen Klagen und einer Vollstreckung in ausländisches russisches Vermögen gerechnet wurde. Nunmehr ist nur noch von einer Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung die Rede.

Begründet werden die Maßnahmen mit der Verhinderung eines vorsätzlichen Vermögensverfalls, der Unterstützung der russischen Wirtschaft und der Sicherung von Arbeitsplätzen


Mittlerweise hat die russische Regierung einen Gesetzentwurf über die externe Zwangsverwaltung eines „ausländischen“ Unternehmens ausgearbeitet, wonach diese bei einer ausländischen Kapitalbeteiligung von mehr als 25 %, Vermögenswert von mehr als 1 Mrd. Rubel sowie einer Beschäftigung von mehr als 100 Mitarbeiter für einen Zeitraum von 3 bis 6 Monaten eingesetzt werden kann. Die Gesellschafter haben die Möglichkeit, innerhalb von 5 Tagen einen Antrag auf Veräußerung der Beteiligung oder auf Fortführung des Betriebs zu stellen. Nach dem Gesetzesentwurf ist keine Übertragung des Vermögens auf den Staat vorgesehen, sondern es werden folgende Möglichkeiten der Zusammenarbeit vorgeschlagen:


- Verkauf des Gesellschaftsvermögens mit einem zeitlich befristeten Vorkaufsrecht für den Rückkauf;

- Übertragung von Anteilen/Aktien in die treuhänderische Verwaltung;


Allerdings wird auch diskutiert, den Gebietsverwaltungen der Regionen das Recht einzuräumen, über die Form einer etwaigen Verstaatlichung zu entscheiden. Damit verbunden sollen eine Reihe von Maßnahmen entwickelt werden, um den Betrieb eines Unternehmens aufrechtzuerhalten und Arbeitsplätze zu sichern. Eine Auflistung der Maßnahmen für jedes einzelne Unternehmen soll dem föderalen Vollzugsorgan zur Genehmigung vorgelegt werden. Es gilt, den allgemeinen Ansatz bei der Entwicklung von Maßnahmen anzuwenden und jedes Unternehmen individuell zu betrachten.


Russland kann von den Vorteilen der WTO ausgeschlossen werden


Russland kann aus der Welthandelsorganisation (WTO) ausgeschlossen werden bzw. verschiedene Vorteile im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft verlieren. Japan, die USA und Kanada haben Russland bereits die Meistbegünstigung verweigert. Die Meistbegünstigung ist der wichtigste Grundsatz der WTO und besagt, dass jeder Vorteil oder jedes Sonderrecht, das ein WTO-Mitglied einer Ware, einer Dienstleistung oder einem Dienstleistungserbringer eines anderen Mitglieds gewährt, unverzüglich auch für die anderen WTO-Mitglieder gilt. Die Meistbegünstigung ermöglicht einen gerechten Zugang zu den Märkten der WTO-Mitgliedsstaaten. Der Ausschluss eines WTO-Mitglieds von der Meistbegünstigung ist zulässig für die Durchführung von Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Sittlichkeit, des Lebens und der Gesundheit von Menschen, Pflanzen, Tieren usw. (Art. IX Abs. 3 des Marrakesch Abkommens).


Die Partei "Gerechtes Russland" hat Ihrerseits den Austritt aus der WTO vorgeschlagen und einen entsprechenden Gesetzentwurf vorbereitet, allerdings sind russische Experten der Meinung, dass ein Austritt Russlands aus der WTO weitere Nachteile für das Land mit sich bringen wird. Das russische Ministerium für Industrie und Handel hat betont, dass die WTO die einzige Plattform zum Schutz der russischen Interessen im Handel ist und dass es im Falle eines Austritts aus der WTO schwierig sein wird, die Rechte und Interessen Russlands zu vertreten. Um den Handel mit WTO-Mitgliedsstaaten, die keine Sanktionen gegen Russland verhängt haben, fortzusetzen, ist es sinnvoller, in der WTO zu bleiben, andernfalls kann die Ausarbeitung neuer bilateraler Abkommen viel Zeit in Anspruch nehmen.


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